Ben's Kommentar

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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Donnerstag, Juni 30, 2005

Kein Wunder bei der Wirtschaft

Hatte heute eine sehr hitzige Diskussion mit einem guten Freund, die mich mal wieder auf ein Thema für einen Beitrag gebracht hat. Es ging um die leidige Frage, wie es denn zur Zeit um unsere Wirtschaft bestellt sei und mein geachtetes Gegenüber nahm einen sehr harten, kapitalistischen Standpunkt ein, der einerseits den Disput beflügelte, mich jedoch mal wieder innerlich zu Höchstformen auflaufen ließ. Ich bin bei Gott kein Wirtschaftswissenschaftler und auch sicherlich nicht en detail informiert, allerdings bin ich Mensch mit einem Verstand und einem, Gott sei Dank, noch nicht erstarrten Herzen und von daher denke ich, dass auch ich meinen laienhaften Teil zur Kapitalismuskritikdebatte beisteuern kann.

Früher gab es ein Sprichwort das besagte: “Wenn es dem Arbeitgeber/Unternehmen gut geht, dann geht es auch dem Arbeiter gut.” Dies brachte zum Ausdruck, dass es ein Verhältnis von Gegenseitigkeit gab, indem beide Seiten bestrebt waren, das bestmögliche für das gemeinsame Ziel zu erreichen. Man wusste, dass man beiderseits Abstriche in schlechten Zeiten machen musste, konnte jedoch auch davon ausgehen, dass man gemeinsam von dem Erarbeiteten profitieren konnte.

Doch wie sieht es heute aus? Es fällt einem doch ganz extrem auf, wenn man sich die Großunternehmen in der Wirtschaftslandschaft anschaut, dass es mittlerweile, auf gut deutsch, scheißegal ist, was mit der Belegschaft passiert, solange die Zahlen am Ende stimmen. Doch ist das fair? Ist es noch moralisch vertretbar, wenn ein Firmenboss Hunderte oder sogar Tausende seiner Angestellten auf die Straße setzt und selber nicht eine müde Mark (nein, in der Sprache bleibe ich bei Mark) weniger verdient sondern sich gegebenenfalls sogar noch den eigenen Lohn erhöht? Könnte er nicht auch auf 2 oder 3 Milliönchen verzichten um damit das Unternehmen zu unterstützen? Müssen Mitarbeiter entlassen werden um die nötigen Profite aufzuzeigen und somit die Aktionäre zu besänftigen?

Liebe führenden Bosse Deutschlands, in den meisten Fällen seid es nicht ihr gewesen, die euer Imperium aufgebaut habt, sondern zum Teil Generationen von Menschen vor euch, die mit hartem Schweiß und ehrlicher Arbeit die Früchte geerntet haben, die ihr jetzt zu Kompott verkocht. Und davon sollen sie noch nicht einmal etwas abbekommen und werden einfach auf die Straße gesetzt, nur damit ihr euch den Pagen leisten könnt, der euch euer schrankkoffergroßes Portemonaie hinterher trägt?

Selbst euer Staat, dessen Menschen eure Güter über Jahre konsumiert und somit euren Reichtum angehäuft haben, bekommt von euch nicht ein Jota dessen, was ihm zusteht, da euer überbezahlter Steuerberater sicherlich noch die ein oder andere Möglichkeit findet, irgendetwas zum Abschreiben zu finden, was zur Folge hat, dass die Arbeitslosen, die ihr produziert noch nicht mal mehr unterstützt werden können. Ihr sitzt auf den leopardenfellüberzogenen Schreibtischstühlen, die Zigarre in der Hand und denkt euch: “Wenn’s nicht mehr geht, machen wir den Laden eben dicht. Ich finde eine neue Position in einem anderen Unternehmen.” Du ja, aber der 50-jährige, den du gestern entlassen hast, der schon unter dem Firmenbegründer gearbeitet hat, mit dem du so viel zu tun hast wie Jesus Christus mit der Büchse der Pandora, dieser findet eben nichts Neues mehr.

Aber dann abends im 5-Sterne-Restaurant sitzen und sich über Sozialschmarotzer ärgern, die im Grunde genommen nichts anderes tun: Während die oben überlegen, wie sie ihren Reichtum noch vergrößern, überlegen die unten, wie sie ihre Arbeitsbereitschaft verkleinern. Ergo zwei Seiten der selben Medaille.

Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich gerne kotzen möchte, wenn ich sehe, dass solche Posten und Positionen nur noch mit geldgeilen, verbrecherischen Egoisten besetzt werden, die das Wort Verantwortung von ihren Sekretärinnen im Duden nachschlagen lassen.

Aber was will man von einem Land und dessen Menschen erwarten, indem “Geiz ist geil” in aller Munde ist?

Also: Geh’n se mit der Konjunktur…. Dann fahr’n se an de Wand!

P.S.: Dank an Chris für ein paar schöne Stunden….. und das deutsche Steuergesetzt ist meiner Meinung nach doch ersetzbar, aber das ist ein anderes Thema.

Montag, Juni 27, 2005

Auch Toleranz hat Grenzen

Am Wochenende ist es mal wieder soweit – Zigtausend Schwule und Lesben ziehen in die Straßen um für Toleranz und Akzeptanz zu kämpfen. Doch wenn man sich die Historie dieses Ereignisses mal anschaut, da läuft es einem schon eiskalt den Rücken herunter, da die Kluft zwischen eben dieser Forderung und deren Umsetzung im Szenealltag wohl immer größer wird.

Alles schreit zum Himmel nach Toleranz, doch die am lautesten schreien, sind oft die Engstirnigsten. Begonnen bei den Altersgrenzen über Kleidungszwiste bis hin zu westside-storyesken Gruppenkämpfen verschiedener (Geschmacks-)richtungen innerhalb der von außen so stark und unfair gebeutelten Szene.

Da heißt es dann “bi” versus “gay”, “aktiv” gegen “passiv”, “Plüsch” contra “Leder”, “jung” in Opposition zu “alt”, “Heterolook” anti “Fummel”, “Trutschen” wider “Trullas” und würden mir an dieser Stelle nicht die Synonyme für Gegenüberstellungen fehlen, ließe sich das Ganze bis ins Unendliche fortsetzen.

“Auf sie mit Gebrüll”, lasst uns gegenseitig die Köpfe einschlagen, schlechtreden, übereinander lästern und immer schön die eigenen zweifelhaften Tugenden über die der anderen erheben.

Was muss es damals ein tolles Gefühl gewesen sein, als man sich in den 70ern wirklich noch gemeinsam gegen den Druck von außen auflehnte und egal zu welcher Untergruppierung man auch gehörte für die geteilten Ziele einzustehen wusste. Man hatte ja auch einen Feind gegen den es zu kämpfen galt und im Closet war nicht soviel Platz, als dass man sich hätte darum streiten können. Es gehen ja bekanntlich viele Freunde in ein kleines Haus.

Und heute stehen wir da und haben ganze Paläste vor uns durch die wir uns gegenseitig jagen und uns den Zutritt versagen.

Versagen! Das ist es doch genau, was uns so fürchtet. Und um das eigene zu vertuschen, müssen dann eben die anderen ihre Köpfe hinhalten. Man legt sich hyänengleich auf die Lauer wartend auf die kleinste Chance die Fehltritte des Gegenübers auszukosten und sich dann blutzerfetzend über das Opfer zu stürzen um es in der Luft zu zerreißen noch bevor es realisieren kann, dass es überhaupt zur Beute geworden ist, denn man tut ja alles nur hinter vorgehaltener Hand und lächelt weiterhin freundlich.

“Hallo X, wie geht’s dir so? Gut siehst du aus. (Wenn du jetzt noch wüßtest, was man sich über dich so alles erzählt und was mein Beitrag dazu ist.) Aber hast du schon gehört? Der Y soll ja am letzten Wochenende…”

Und da behaupten einige immer noch, Soaps seien weltfremd und Charaktere wie Clarisse von Anstetten, Joe Gerner oder ähnliche Intriganten seien überzogen. Willkommen in der Realität – sie sind zum Teil noch untertrieben und harmlos.

Wer ohne Schuld, der werfe den ersten Stein und bevor man den Splitter aus des anderen Auge zieht, sollte man sich um den Balken im eigenen kümmern, denn jeder kocht am eigenen Herd und was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu. Oftmals werden diese Lebensweisheiten und Sprichworte nur mit einem kleinen Lächeln quittiert und wir sind uns ihrer Bedeutungstiefe nicht wirklich bewußt. Doch genau das ist es ja, was dieses Problem ausmacht. Wir müssen uns und unserem Handeln bewußt gegenüberstehen und sollten darauf achten inwiefern dies unserem Umfeld Schaden zufügt. Denn sonst laufen wir Gefahr eben eines Tages nur billige Imitationen der intriganten Archetypen zu werden.

Eine wunderschöne Stelle aus dem Talmud sollte uns in solchen Situationen immer vor Augen schweben und uns ähnlich dem kategorischen Imparativ auf unsere Einfluss auf uns selbst und unsere Mitmenschen sensibilisieren:

Achte auf deine Gedanken,denn sie werden deine Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden deine Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

Samstag, Juni 25, 2005

Bananenrepublik

Der folgende Beitrag ist ein Gastbeitrag von Dennis (Dennis81cgn)

Vorab: Überspitzt, nicht persönlich gemeint und dennoch ernst gemeint.

Ich bin immer wieder erschrocken, wie viele Menschen hier online sind und vor allem, WANN und wie VIEL sie hier sind. Sind denn so viele Menschen schon arbeitslos, dass sie den ganzen Tag chatten können und dabei langsam aber sicher gänzlich web-süchtig werden? Wenn die denn alle Arbeitslos sind, wie können die sich den DSL-Anschluß leisten, wenn HartzIV doch soo schlimm ist und soo arm macht? Dann kann's so schlimm nicht sein und wenn ich immer noch Leute höre, die "erstmal n paar Monate auf Arbeitslos" machen, weil se grad kein Bock haben, dann wundert es mich nicht, dass diese (Bananen-)Republik den Bach runter geht. Grundsätzlich ist dieses freie und liberale Land ja prima, dennoch wünsche ich mir manchmal einen Polizeistaat und eine Abschaffung des Föderalismus. Wozu? Mit dem jetzigen System sind Reformen einfach UNMÖGLICH, weil - wie wir jetzt in den kommenden Jahren sehen werden - die Bundesregierung immer antizyklisch von der anderen Partei im Bundesrat blockiert wird. Kann nur bis 2006 dauern, dass die ersten schwarzen Länder an die SPD fallen, weil die Leute (Plötzlich) unzufrieden mit der Bundesregierung sind. Und warum Polizeistaat? Man fahre morgens mit einem graffiti-beschmieten Zug ins Büro und freue sich an rumliegenden Bierflaschen, Kaugummis unter der Schuhsohle und Kippen in den Bürgersteigplattenritzen (<- tolles Wort übrigens). Ich sehe fast überall nur noch nen SAUSTALL, vorallem die STÄDTER (JAA!!!!) versauen ihre Umwelt und ärgern sich hinterher noch über höhere Müllgebühren. Man gehe eines Morgens an den (Beispiel) Aachener Weiher und schaue es sich an. So macht Stadtmensch das. Als wären keine Mülleimer da und als würde das jeder in seinem Garten so machen. Die luschige Stadtverwaltung mit ihrem Oberkasper Fritz macht da natürlich nichts gegen sondern räumt halbwegs brav die Scheisse wieder weg und verbietet lieber in ihrer Straßensatzung das Herausfischen von Pfandflaschen aus Mülleimern.Schon nächstes Wochenende auf dem CSD werden aufmerksame Beobachter wieder Zeuge sein dürfen, wenn sich die Zivilisation benimmt, als wär sie keine 5 Evolutionsjahre vom Affen entfernt. Bei gewissen Dingen sei das auch erlaubt (wozu sonst wurden wir KEINE Zwitter), aber bitte, muss man in Hauseingänge urinieren, Bürgersteige in Müllhalden verwandeln und Bahnen behandeln, als wären es Müllautos auf Schienen ohne Recycling-Fachangestellten (Müllmann)? Hinterher wird wieder gemeckert, die Bahn, der Müll oder sonstwas, was die Allgemeinheit für einzelne leisten muss, teurer wird...

Sprach ich nicht von Bananenrepublik?

Soviel zum heutigen Samstage. Gewiß überspitzt formuliert und teilweise auf Personen bezogen, die real existieren, aber das stört mich heute mal gar nicht.

Donnerstag, Juni 23, 2005

25 Monate – ein Resümee

Heute vor 25 Monaten stieß ich auf eine Internetseite, von der damals niemand dachte, dass sie einmal zu einem “schwulen Einwohnermeldeamt” werden würde. Eine Seite, die im Laufe dieser Zeit mehr als einmal ihr Gesicht gewechselt hat.

Natürlich gab es bis dato auch schon sämtliche Gayportale im Internet, jedoch wußte Gayromeo sich zurecht gegen die Konkurrenz durchzusetzen, da es sich immer zum Ziele gesetzt hatte auf die Bedürfnisse und Wünsche seiner User einzugehen und dementsprechende Veränderungen auch nie scheute, so dass es heute eine Seite mit so mannigfaltigen Optionen und Nutzungsmöglichkeiten ist, wie selten ein Messanger zuvor.

Jetzt sitze ich an meinem PC und blicke auf die hier verbrachten 4255 Online-Stunden zurück, die ich mit 1192 Log-ins zusammengetragen habe, wissend, dass über 50.000 Besucher mein Profil betrachteten und ich schon zigtausende Messages durch den Äther geschickt habe.

Damals war man noch mit 3 Bekannten hier ein “echter” User, man konnte noch nicht aktiv an Prozessen wie der Bildfreischaltung, dem Gericht oder Ähnlichem teilnehmen und auch die KFZ-Kennung war noch nicht geboren. Dafür gab es jedoch noch die nicht funktionierenden Direktchats. Die Suchoptionen waren zwar im Vergleich zu anderen Seiten besser, jedoch noch nicht so detailiert wie heute und es war im Ganzen einfach eine nette Seite.

Heute jedoch hat Gayromeo sich soweit etabliert, dass man in den Ballungsräumen davon ausgehen kann, dass ein Großteil der homosexuellen Bevölkerung hier “gemeldet” ist, zum Teil sogar doppelt und dreifach. Wenn man nun bedenkt, das dies freiwillig entstand in einer Subkultur, die aufgrund ihrer Geschichte immer dagegen ist und war, dass “rosa Listen” eingeführt werden, so ist es schon sehr erstaunlich, dass man mittlerweile schon regelrecht als Außenseiter gilt, wenn man offenbart, dass man kein Profil hier sein eigen nennt.

Es geht uns doch allen so, dass wir zum Teil Menschen in der Realität begegnen und sie erst wieder zuzuordnen wissen, wenn wir uns einen blauen Rahmen um ihr Gesicht vorstellen. Und wenn wir mal ganz aufmerksam durch unsere Notitzblöcke und Handylisten schauen, werden wir auch den ein oder anderen Nickname dort wiederfinden.

Und das tollste an dieser Seite ist, sie wird nicht ausschließlich nur zur Sexsuche genutzt. Nein, hier ist ein Kommunikationsmedium geschaffen worden, dass oftmals das Telefon oder die SMS ersetzt und ich will nicht wissen, was hier schon alles geplant und beschlossen wurde, was mit der Seite per se nichts zu tun hat. Ich warte ja noch sehnsüchtig auf den Tag an dem internationale Wirtschaftstransferts anhand eines Messageverlaufs in die Geschichte eingehen.

Man kann gespannt sein, was uns noch alles an Ideen erwartet und wie die Profile wohl in der Zukunft aussehen werden. Das dahingehend etwas geplant und angestrebt wird, konnte man ja der kürzlich geschalteten Umfrage entnehmen.

Ein Punkt war ja die Neugestaltung der Log-in-Status. Hier würde es sich anbieten eine weitere Option zu integrieren: “Habe Date/Sex” mit einer direkten Verlinkung zu dem Profil des Gedateten, so dass gleich jeder weiß, dass man diese beiden User in den nächsten 2 Stunden nicht anzuschreiben braucht. Ebenso wäre es sinnvoll in jedem Profil einen einsehbaren Terminplan zu haben, in dem man dann explizite Dating-Times angeben kann, so dass der Chatpartner über die Suchoption auch nur die potentiellen Kandidaten angezeigt bekommt, die am Dienstag Abend zwischen 18 und 20 Uhr Zeit haben. Nach der Verabredung würde dann in diesem Stundenplan eben jene Zeit mit der Bemerkung “Date mit XY” vermerkt, sowohl in seinem als auch im Profil des Gegenübers. Desweiteren könnte man dort auch eintragen, wann man wo anzutreffen ist.

Um eine Wiedererkennung auf Partys zu garantieren könnte man ebenfalls in dieses Feld ein zusammengebasteltes Bild integrieren, welches ähnlich funktioniert wie die Papierpüppchen, die es früher in Kinderzeitschriften gab, denen man dann verschiedene Kleidungsstücke in diversen Kombinationen anziehen konnte. Einfach von jedem Kleidungsstück, das man besitzt ein Foto hochladen und kurz bevor man das Haus verlässt noch schnell eingeben für welche Kombination man sich entschieden hat (rotes Hemd und Fleckenjeans z.B.). Dies ließe sich dann in einem zweiten Abschnitt auch noch auf die Frisur ausweiten.

Es gäbe noch sehr viele lustige und sinnvolle Verbesserungsvorschläge, jedoch merke ich mal wieder, dass der Beitrag mittlerweile wieder recht lang geworden ist, weshalb ich die in meinem Kopf aufkomenden Gedanken nun mal im Keime ersticke um langsam zum Ende zu kommen. Leider bin ich wieder mal nicht dazu gekommen, über die zunehmede Schwachmatisierung innerhalb der Userreihen hier zu lästern, was ich jedoch nachholen werde, denn schließlich habe ich bis zum 12.Sept. 06 bezahlt und so lange werde ich mal mindestens weiterschreiben.

Mittwoch, Juni 22, 2005

Spuren der Vergangenheit

Als ich heute auf meinem Nachhauseweg am Chlodwigplatz umstieg, kam ich an der dortigen Baustelle vorbei und durfte mit Entsetzen feststellen, dass dort ein alt wirkendes Pflaster freigelegt war. Leider konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen, was es damit auf sich hat. Naja, momentan hat es wohl nichts auf sich, das Pflaster, da ja abgesperrt ist. Mein erster Gedanke war: 2010 – Auf Wiederseh’n. Denn ich befürchte, dass man nun den Bau der Nord-Südstadtbahn wohl wird aufhalten müssen für die lustigen Männer in den weißen Kittelchen mit den kleinen Pinselchen, die von jedem Steinchen das kleinste Staubkörnchen wegstreichen.

Was sagt uns das? Archäologie hält auf und bringt den gewohnten Lauf ins Stocken. Und zwar immer genau dann, wenn man gerade unter Zeitdruck steht oder nicht damit rechnet. Dieses Phänomen zeigt sich nämlich auch auf anderen Ebenen.

Der Köln-Kenner wird eine ähnliche Situation schon einmal erlebt haben: Man hetzt wie auf der Flucht (vor sich? vor anderen? vor dem Alltag?) durch die Straßen von Köln und da man gerade irgendwie keine Lust hat, sich durch vorbeilaufende Bekannte aufhalten zu lassen, schaut man leicht zu Boden, um dann keinen sehen zu müssen. Doch dann wird man eben doch aufgehalten. Man bleibt stehen und verfällt in Gedanken beim Anblick der kleinen, fast unscheinbaren, goldenen Pflastersteine, die vor einigen Häusern Kölns zu finden sind. Man schaut an der Fassade des jeweiligen Hauses hoch und ein eiskalter Schauer läuft einem den Rücken hinunter, denn unweigerlich hat man Bilder aus Dokumentationen und Filmproduktionen im Kopf und sieht vor dem Inneren Auge, wie die jüdische Familie aus eben diesem Haus unter Maschinengewehrsalven hinausgetrieben wird hinein in eine Zukunft, von der wir alle zu gut wissen, wie sie endete.

Das nenne ich ein wirkliches Mahnmal, wo ma(h)n mal eben so im wahrsten Sinne des Wortes über Geschichte “stolpert”. Unsere lieben Hauptstädter werden sich sehr schnell an ihre neuen Sonnenbänke gewöhnen und während sie auf den bald schon im Stadtbild integrierten, überdimensionierten Dominosteinen von der Sonne verbrannt werden, denken sie sicherlich nicht daran, was noch alles verbrannte, damit sie in den Genuss dieser makaberen Liegestühle kommen konnten – Museum hin oder her.

Man hält nur dann auch wirklich inne, wenn etwas unerwartet kommt.

Dies kennen wir auch sicherlich alle aus dem privaten Leben. Wenn man sich mit einer Flasche Rotwein an einem verregneten Abend hinsetzt und beschließt in einem Anfall von Depression seine Vergangenheit zu bewältigen, so bringt es nichts außer einer leeren Flasche und einem Kater am nächsten Morgen. Viel wirkungsvoller ist es doch da, wenn man gerade beim Putzen, Kofferpacken oder bei letzten Vorbereitungen für den anstehenden Besuch über sie stolpert – die verlegten Briefe, die kleinen Geschenke, die bedeutungsschwangeren Utensilien, die Gegenstände, die einen an fast vergessene Rituale erinnern, die Postkarten, Fotos oder Beerdigungskärtchen.

In dem Moment ist die Anspannung weg, man steht da, starrt sie an und sinniert über Liebe, Familie, Tod, Krankheit, Trennung, Umzug, Erfolg oder Verlust. Mit einem Schlag steht man dem Auf und Ab des Lebens gegenüber und gibt sich ganz der überwältigenden Macht der Erinnerung hin: Memory, not a sound from the pavement…

Alles um einen herum hüllt sich in tiefes Schweigen und kehrt zur Ruhe. Nur in einem selbst tobt der Sturm des Vergessenen. Sätze, Worte, Bilder, Szenen reformieren sich zum Teil in durch Wünsche und Verdrängung deformierter Formation und entfalten sich kristallklar vor dem eigenen Ego.

Das sind die kleinen, bedeutsamen Momente der Verarbeitung, die mit Messerschärfe in unser Dasein schlagen wie Bomben. Gewaltsame Akte des Schiksals, die uns vor Augen führen wie wichtig wir uns doch gerne nehmen mit unseren akuten Problemchen, die in kurzer Zeit schon selbst Opfer der ewigen Zeit werden. Ach, wie unbedeutend sind doch häufig die Dinge, die uns für den Moment zu erdrücken scheinen. Wie kurz ist das Leben. Warum es nicht einfach genießen? Sich seiner selbst bewußt werden und versuchen seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ein großes Ganzes zusammenzuführen um dann festzustellen, dass das Leben mit all seinen Facetten das Schönste ist, was einem passieren kann. Denn wenn jeden Tag die Sonne scheint, so ist dies nicht “gutes Wetter” sondern überhaupt keins.

Oder wie der weimarer Dichterfürst es einst formulierte um eben auszudrücken, dass wir unseren Alltag nicht immer so wichtig nehmen und eher im größeren Rahmen denken sollten:

Wer nicht von dreitausend Jahren

Sich weiß Rechenschaft zu geben,

Bleib im Dunkel unerfahren,

Mag von Tag zu Tage leben.

Donnerstag, Juni 16, 2005

Schwul und das mit Recht

In letzter Zeit lerne ich immer häufiger schwule Juristen kennen. Das kann ein Zufall sein, jedoch macht es wesentlich mehr Spaß sich vorzustellen, dass wohl in einigen Jahren die ganze Jurisprudentia von einer anderen Fakultät sein wird. Dies könnte man dann mit der Ausstrahlung von “Will & Grace” begründen – muss man aber nicht.

Doch stellen wir uns das mal vor. Wie würden unsere Gerichtssäle dann wohl aussehen? Einen ersten Eindruck durften wir ja schon in “Chicago” gewinnen, denn Plädoyers werden garantiert vertont und gesanglich vorgetragen werden. Auch der kürzlich abgeschlossene Jackson-Prozess lässt erahnen, dass sich wohl keiner mehr mit seiner Aussage ins eigene (echte) Fleisch schneiden wird.

Jedenfalls wird es wohl um einiges Wärmer auf dem Richterstuhl werden, was sich dann früher oder später auch in der Kleidung niederschlagen wird. Dann trägt die Verteidigung strassbesetzte, bauchfreie H&M-Tops und die Staatsanwaltschaft Chaps und Harnisch. Und über allem thront der Richter, der seinen Hammer schon lange durch den Puschel ersetzt hat – in pink natürlich.

Die Angeklagten werden in mit Plüsch umgebenen Handschellen in den mit weinrotem Pannesamt ausgeschmückten Gerichtssaal geführt und müssen zu allererst die goldenen Figuren des Rosa Karnevals erlernen: von der Amphore übers Diadem bis hin zum Teekännchen mit Klapphändchen. Und dann endlich wird die verhandlung mit einem dreifachen “Aloah” eröffnet.

Die Vertrauenswürdigkeit der Zeugen wird anhand der Von ihnen getragenen Mode und ihrer Accessoires festgelegt und wer D&G, Prada oder sonstiges trägt, kann sich gewiss sein, dass man ihm Glauben schenkt.

Unterdessen sitzen die Zuschauer, die kreischend und lästernd das ganze Spektakel betrachten unruhig auf ihren Sitzen und können vor lauter Aufregung nicht mehr das Tellerchen halten, auf dem die wundervolle Sahnetorte ihrer Hinrichtung harrt.

Zur Urteilsverkündung wird dann ganz wie zu den Oscars ein Umschlag gereicht, der dann unter gespannten Blicken aller Beteiligten, natürlich erst nach Ausstrahlung der “Best of Process” auf der Videoleinwand, geöffnet wird. And the right goes to….

Da ist es doch regelrecht untragbar, dass wir in Deutschland keine Geschworenengerichte haben, denn diese würden das perfekte Hintergrundballet im Stile alter Hollywod-Musical-Klassiker darstellen.

Und unterdessen werde ich wohl längst á la Jack McFarland meine dreihundertvierunsechzigste One-Man-Show am Londoner West-End aufführen – in irgendeinem Hinterzimmer einer schlecht besuchten Kneipe versteht sich.

Dienstag, Juni 14, 2005

Das verschossene Pulver der Einsicht

Habe heute Abend den Film Kinsey gesehen, den ich nur jedem wärmstens empfehlen kann. Direkt im Anschluss daran hatte ich eine hitzige Diskussion über das leidige Thema der wissenschaftlichen Einsicht in die Privatsphäre der Menschen verknüpft mit der Diskussion um Pro und Contra des Aids-Antikörper-Tests. Da mein Gegenüber mit guten Argumenten den Standpunkt vertrat, dass man sich besser nicht testen lassen solle, unter anderem deswegen, weil eben die Diagnostizierten ausgeschlossen würden und ihnen nicht der Beistand zuteil würde, den sie benötigten und somit ihr Leben durch ganzheitlich-psychische Zusammenhänge immens verkürzt würde, so blieb ich jedoch auf dem Standpunkt, dass eben jene “Opfer” des Ausschlusses, so hart das auch klingen mag, nötig seien, um der Gesellschaft die Problematik vor Augen zu führen und sie zur Problemlösung zu animieren.

Nachdem ich auf dem Heimweg lange darüber nachgedacht habe, hat sich meine Meinung über die Erkenntnisbildung des Menschen im Generellen insofern verfestigt, dass ich denke, dass der Mensch immer zuerst Verluste verzeichnen muss, bevor er sich seines Verstandes bedient und es somit unsere Pflicht ist, Verluste aufzuzeigen um somit das Problem zu beleuchten.

Es läuft immer wieder darauf hinaus, dass ein gewisser Aspekt im Prozess der Enttabuisierung gewisse Schäden anrichtet, bevor er daraufhin die Lösung in Gang setzt. Man könnte dies mit der Erstverschlimmerung der Homöopathie vergleichen. Es müssen immer erst eine größere Zahl tödlicher Unfälle an einer Kreuzung passieren, bevor eine Ampel in Betracht gezogen wird. Ebenso notwendig waren die Schlägereien 1969 in der Christopher Street um der welt zu zeigen, dass Homosexualität existiert und das selbst nachdem Alfred Kinsey etwa 15 Jahre zuvor eben dies in seinen Studien aufgezeigt hatte. Und erst 1993, nachdem man die 9. Fassung des International Code of Deseases (ICD) überarbeitet hatte, war Homosexualität als Krankheitsbild im ICD-10 verschwunden und man diagnostizierte von nun an nur noch die psychischen Schäden, die als Begleiterscheinung Homosexueller oft auftreten und die wir heutzutage (in offenen Gesellschaften) auch weitestgehend in den Griff bekommen können.

Genau dort setzte in der Diskussion mein Vergleich an. Wir haben nun festgestellt, dass es Aids-Betroffene gibt und Kinsey hinter uns gelassen, auch haben wir schon Opfer gebracht und erste Erfolge erzielt. Dies befreit uns jedoch nicht aus der Lage, dass wir noch nicht am Ende sind, denn es leiden immer noch genug Menschen unter den psychischen Konsequenzen ihrer Krankheit und diese Opfer dürfen wir nicht schonen, indem wir die Diagnose nicht feststellen, sondern müssen vielmehr dafür sorgen, dass man sie auch auffängt, wenn sie ihr Urteil erfahren.

Allerdings ist unsere Gesellschaft noch nicht soweit, dies überhaupt zu realisieren, wobei ich wieder bei dem Kernpunkt meiner Gedanken angekommen wäre.

Natürlich kann man nun einwerfen, dass dies alles absehbare Zusammenhänge seien, jedoch sind wir leider Gottes nicht der Homo Sapiens, der denkende Mensch, der wir immer zu sein glauben. Man kann die Gesellschaft, die traurigerweise in ihrer Gesamtheit dumm wie Bohnenstroh ist, nicht mit Gedankenexperimenten und Utopien auf etwas aufmerksam machen, sondern muss sie so lange mit dem Kopf auf die Tischplatte stoßen, bis sie endlich den Schmerz wahrnimmt. Dahingehend sind wir eher noch der Homo Errectus, eben jenes Wesen, dass sich langsam aus dem Schlamm erhebt und sich peu a peu seinem Ziele nähert.

So bitter diese Pille auch sein mag, so müssen wir doch immer wieder feststellen, dass beim hobeln nun mal Spähne fallen bevor die Figur das Regal ziert. Und vielleicht ist es wie mit der Arbeitslosigkeit: Man macht sich erst Gedanken um die Lösung, wenn jeder Vierte betroffen ist.

Mittwoch, Juni 08, 2005

Lange Finger

Ich weiß sehr wohl, dass in Kölns heißgeliebtem Bermudadreick gerne mal geklaut wird. Aber es gibt Situationen, da rechnet man damit und welche, da tut man dies eben nicht. Leider passiert sowas dann meist in zweiteren.

Dennoch geht es mir nicht in den Kopf wie sowas in einer Kneipe passieren kann, die sehr übersichtlich ist und in der sich nicht mal 10 Leute aufhalten und das dann noch, wenn man auf der Jacke sitzt und es nur einen einzigen Moment gibt, bei dem die Täter zuschlagen können.

Wie oft habe ich dort die Nacht zum Tag gemacht und selbst im größten Betrieb meine Jacke stundenlang unbeaufsichtigt gelassen ohne, dass etwas passiert wäre, außer dass die nachher aussah wie Sau und man sie vor Kölsch-Siff und Dreck hätte in die Ecke stellen können?

Das vermiest einem dann nicht nur den wunderschönen Abend, den man hatte sondern in perfekter Zusammenarbeit mit dem Kater auch den Tag danach. Da kann man froh sein, dass man lange genug in Köln lebt und die hier oft geübte Lässigkeit erlernt hat; denn wie heißt es so schön: “Watt fott es, es fott!”

Allerdings sensibilisiert solch ein Vorfall dann auch wieder für einige Zeit und man wird wohl wieder etwas besser darauf achten, dass, wenn überhaupt etwas abgeschleppt wird, man es selbst ist und das dann auch nicht von irgendwem.

Ich würde gerne hier jetzt noch mehr schreiben, aber das hat selbst mir die Sprache verschlagen und somit bleibt mir nur noch eins zu sagen:

PASST AUF EURE SACHEN AUF!!!

Montag, Juni 06, 2005

Grenzerfahrungen oder Deutschlands (ver-)blühende Landschaften

Nachdem ich nun wieder von meinem Besuch in der Europastadt Görlitz – Zgorzelec zurückgekehrt bin, möchte ich euch gerne einen Eindruck von dem geben, was mich dort am meisten beeindruckt und zum Teil auch nachdenklich gestimmt hat.

Selten zuvor habe ich eine so schöne Stadt gesehen: Die Altstadt ist fast komplett erhalten und hat den Krieg weitestgehend überlebt. Ganz im Gegensatz zu den in Windeseile nach dem Krieg hochgezogenen Pappmachée-Häusern Kölns, fühlt man sich dort inmitten der wundervollsten Fassaden ganz wie auf der Paradestraße eines gut ausgestatteten Themenparks. Hohe Altbauten, Villen des letzten Jahrhundert, Glaskuppeln, viel Stuck und wunderbare Ornamente rauben einem in jedem Augenblick auf’s neu den Atem und lassen einen hinter jedem Fenster Fräulein Rottenmeier vermuten. Alleine das Gefühl, wenn man in eine große Halle mit Jugendstil-Interieur tritt und sich fühlt wie ein Passagier der Titanic ist genial. Nicht so genial hingegen sind die dort befindlichen Kleiderständer und Regale, die jedoch in einem Karstadt nun mal anzutreffen sind.

Somit sind wir auch schon beim Haupteindruck, den ich gewinnen durfte: dem Blick hinter die schillernden Fassaden.

Es ist mehr als eine Schande, dass solch prächtige Bauten nicht genutzt werden, da die Stadt mit einigen Problemen wie Geldmangel, Arbeitslosigkeit, Veralterung und Emigration zu kämpfen hat und dies leider Gottes auf beiden Seiten, der deutschen als auch der polnischen. Fertig sanierte Bauten stehen leer, bei anderen wurde mitten während der Sanierung der Betrieb aus Geldmangel eingestellt und einige der schönsten Gebäude, die ich je gesehen haben stehen als schwarze Schatten besserer Tage zwischen bunten Fassaden und man bekommt den Eindruck als würden sie mit neidisch – traurigem Blick die Nachbargebäude betrachten. Diese Bauten scheinen die Hoffnung aufgegeben zu haben, dass auch sie einmal wieder im damaligen Glanze erstrahlen, wissend, dass sie nicht, wie die mit ihnen großgewordene Jugend abwandern und sich sonst wo in Deutschland niederlassen können.

Doch die Menschen, die sich dort entschieden haben zu bleiben, versuchen das bestmögliche aus ihrer Heimat zu machen. Es wird zum Teil improvisiert und man ist bestrebt die Stadt bis 2010 so attraktiv zu machen, dass sie zur Kulturhauptstadt Europas wird.

Man kann es dieser stadt nur wünschen, dass sie dieses Zeil erreicht (und trotz eines gewissen Stolzes auf meine Wahl-Heimat Köln, muss ich eingestehen, dass wir zurecht in der Vorentscheidung ausgeschieden sind), denn die Zwillingsstadt Görlitz – Zgorzelec ist mehr als nur eine geteilte Grenzstadt. Sie ist vielmehr ein Sinnbild Europas und jeder einzelne Stein könnte, wäre er in der Lage zu sprechen, en detail erläutern, was die deutsch – europäische Weltgeschichte ausmacht, da dieses idyllische Städtchen eines der wenigen ist, das von sich sagen kann, Geschichte erlebt zu haben. Zwei Stadtteile, die einst eins waren, getrennt durch Krieg, politische Systeme und ein noch nicht vereinigtes Europa.

Toi, toi, toi an diese Stadt, damit sie sich gegen die Mitbewerber für 2010 behaupten kann und vielleicht eines Tages in einem einigen Europa wieder eins wird und man an diesem Tage das “Freude schöner Götterfunken” von der teilenden Brücke wird singen können!

Mittwoch, Juni 01, 2005

Brüh im Glanze dieses Lichtes, glühe deutsches Vaterland!

Peinlich!!! Da kann man Frau Connor, die diese Zeile frei nach Heinrich Hoffmann von Fallersleben, gestern in die deutsche Nationalhymne integrierte (und das, obwohl sie sich ja im Gegensatz zu früher nur eine Strophe merkeln musste), nur mit dem klassischen, immer wieder aus dem Zusammenhang gerissenen Satz eines anderen Heinrichs kontern: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, ich kann nicht mehr die Augen schließen, und meine heißen Tränen fließen.”

Doch leider irrte sich Heine dann im weiteren Verlauf seiner Nachtgedanken, denn “das Vaterland wird nie verderben” ist heute ferner der Realität denn je und dank neuster politischer Entwicklung ist auch nichts mehr von seinem ‘französisch heitrem Tageslicht’ zu spüren.

Da brühen wir also hin, wir Deutschen. Und das noch zu einer Melodieführung unseres Liedes bei der sich der werte Herr Haydn wohl dermaßen schnell im Grab umdreht, dass man ihn gut als Kurbel für die deutsche Wirtschaft nutzen könnte.

Passend zum Schiller und Einsteinjahr zeigt sich mal wieder, dass wir nicht länger das Land der “Dichter und Denker” sondern, wenn man sich die diversen Nebenschauplätze der Politik betrachtet, vielmehr das der “Richter und Henker” sind. Wobei wir eigentlich um jeden Visa-Kandidaten froh sein können, denn er wird wahrscheinlich zumindest einen Kultur-beutel im Reisegepäck haben.

Gut, dass die Walhalla mit ausreichend Büsten ausgestattet ist, denn wenn es so weitergeht wie bisher, werden wohl in den nächsten Jahren keine großen Köpfe mehr dort Einzug halten. Mittlerweile sind auch unsere Freunde aus dem Land des Lächelns die einzigen, die bei einer Rheinfahrt noch um die Existenz der Loreley wissen, geschweige denn selbiges Lied singen können.

Aber ein Gutes hat das ganze dann ja doch: Die leidige Nachkriegsdiskussion, ob die Deutschen stolz sein dürfen auf ihr Land in Anbetracht der Ereignisse im 20. Jahrhundert, hat sich erledigt und es besteht mittlerweile nach Nationalstolz gar kein Bedarf mehr und die Thematik verpufft in der Luft wie die wärmenden Worte der zeitgenössischen Politiker.

Vielleicht sollten wir uns überlegen, ob wir nicht auch noch die 3. Strophe des Deutschlandliedes weglassen und Fallersleben ganz vergessen. Stattdessen könnten wir die wesentlich aktuellere 4. Strophe nehmen, die Albert Matthäi während der Ruhrbesetzung dichtete und die da lautet:

Deutschland, Deutschland über alles,

Und im Unglück nun erst recht.

Nur im Unglück kann die Liebe

Zeigen, ob sie stark und echt.

Und so soll es weiterklingen

Von Geschlechte zu Geschlecht

|: Deutschland, Deutschland über alles,

und im Unglück nun erst recht. :|