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Standort: Berlin, Germany

Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Donnerstag, Juni 16, 2005

Schwul und das mit Recht

In letzter Zeit lerne ich immer häufiger schwule Juristen kennen. Das kann ein Zufall sein, jedoch macht es wesentlich mehr Spaß sich vorzustellen, dass wohl in einigen Jahren die ganze Jurisprudentia von einer anderen Fakultät sein wird. Dies könnte man dann mit der Ausstrahlung von “Will & Grace” begründen – muss man aber nicht.

Doch stellen wir uns das mal vor. Wie würden unsere Gerichtssäle dann wohl aussehen? Einen ersten Eindruck durften wir ja schon in “Chicago” gewinnen, denn Plädoyers werden garantiert vertont und gesanglich vorgetragen werden. Auch der kürzlich abgeschlossene Jackson-Prozess lässt erahnen, dass sich wohl keiner mehr mit seiner Aussage ins eigene (echte) Fleisch schneiden wird.

Jedenfalls wird es wohl um einiges Wärmer auf dem Richterstuhl werden, was sich dann früher oder später auch in der Kleidung niederschlagen wird. Dann trägt die Verteidigung strassbesetzte, bauchfreie H&M-Tops und die Staatsanwaltschaft Chaps und Harnisch. Und über allem thront der Richter, der seinen Hammer schon lange durch den Puschel ersetzt hat – in pink natürlich.

Die Angeklagten werden in mit Plüsch umgebenen Handschellen in den mit weinrotem Pannesamt ausgeschmückten Gerichtssaal geführt und müssen zu allererst die goldenen Figuren des Rosa Karnevals erlernen: von der Amphore übers Diadem bis hin zum Teekännchen mit Klapphändchen. Und dann endlich wird die verhandlung mit einem dreifachen “Aloah” eröffnet.

Die Vertrauenswürdigkeit der Zeugen wird anhand der Von ihnen getragenen Mode und ihrer Accessoires festgelegt und wer D&G, Prada oder sonstiges trägt, kann sich gewiss sein, dass man ihm Glauben schenkt.

Unterdessen sitzen die Zuschauer, die kreischend und lästernd das ganze Spektakel betrachten unruhig auf ihren Sitzen und können vor lauter Aufregung nicht mehr das Tellerchen halten, auf dem die wundervolle Sahnetorte ihrer Hinrichtung harrt.

Zur Urteilsverkündung wird dann ganz wie zu den Oscars ein Umschlag gereicht, der dann unter gespannten Blicken aller Beteiligten, natürlich erst nach Ausstrahlung der “Best of Process” auf der Videoleinwand, geöffnet wird. And the right goes to….

Da ist es doch regelrecht untragbar, dass wir in Deutschland keine Geschworenengerichte haben, denn diese würden das perfekte Hintergrundballet im Stile alter Hollywod-Musical-Klassiker darstellen.

Und unterdessen werde ich wohl längst á la Jack McFarland meine dreihundertvierunsechzigste One-Man-Show am Londoner West-End aufführen – in irgendeinem Hinterzimmer einer schlecht besuchten Kneipe versteht sich.