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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Freitag, September 30, 2005

Schöner wohnen mit Ben

Seit dem ausklingenden 20. Jahrhundert haben wir endlich Wissen über Dinge, die man woanders schon tausende Jahre vorher wusste: Wie richte ich mir meine Wohnung ein, so dass mein Yin und Yang in Einklang kommen, das Chi fließt und ich rundum glücklich durch’s Leben streifen kann? – Richtig Feng Shui!

Aber wie setzt man dies nun richtig um. Nagut, man beginnt erst einmal mit dem obligatorischen roten Gegenstand in der Reichtumsecke, in die man zuvor schon ein paar Edelsteine und einen Salzkristall gelegt hat, die sich direkt neben dem Geldbaum befinden. Doch da fängt das Problem schon an. Diesen habe ich nämlich gehegt und gepflegt, was mir auch – trotz fehlendem grünen Daumen – recht gut gelang, bis ich eines Tages den Eindruck hatte, dass mein Bäumchen nun doch etwas zu groß geworden sei und ich mir als Pseudo-Gärtner ins Gedächtnis rief, dass man ja Rosen immer wieder zurückschneiden muss. Warum also auch nicht einen Geldbaum? Also Schere raus und ab in die Dauerpleite... Mist, scheint ja doch was dran zu sein. Naja, er wird sich schon wieder erholen, oder besser gesagt das von ihm, was noch übrig geblieben ist.

Aber Gott sei Dank gibt es ja noch mehr Ecken, um die man sich kümmern muss. So wie die Reiseecke, die Gesundheitsecke, Freundesecke und natürlich die Partnerschaftsecke, in der man etwas in doppelter Ausführung platzieren soll. Leider ist es in meiner Wohnung jedoch so, dass sich eben jene Ecke in der Dusche befindet. Also: Zweites Duschgel und zweites Shampoo kaufen und dort platzieren und eine Woche später war es dann soweit und ich war in festen Händen. Man kann mir das jetzt glauben, muss es aber nicht. Allerdings habe ich dann einige Zeit später herausbekommen und ich glaube damit bin ich auf weiter Flur der erste: Feng Shui funktioniert auch rückwärts! Wenn man Stress in der Beziehung hat, einfach das zweite Duschgel und das zweite Shampoo wieder entnehmen und die Lage spitzt sich so zu, dass man den Partner wieder los wird und dies dann nicht nur, weil er sein Shampoo nicht mehr finden kann.

Man muss halt manchmal etwas experimentieren. So auch mit meinem Zimmerbrunnen und Insider wissen jetzt schon was kommt und kämpfen nun schon mit ihren Tränen. Ok, es war auch nicht alles richtig und sinnvoll, was ich da ausprobiert habe, jedoch wollte ich es doch nur schön haben in meiner kleinen 32qm – Wohnung. Man möge mir dies also verzeihen, denn ich habe es mit einem ästhetisch reinen Gewissen getan.

Ich habe mir also in einem Versandkatalog einen solchen Brunnen bestellt und diesen dann in meinem Zimmer aufgestellt. Allerdings war ich etwas enttäuscht, dass es so farbenunfroh aussah und da dachte ich mir, bring doch etwas Schwung in die Sache. Jeder normale Mensch hätte sich nun irgendein Wasserfärbemittelchen besorgt, nicht jedoch ich. Denn warum soll ich in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Und es sah ja auch wunderschön aus, diese weiße Flüssigkeit mit den leichten blauen Adern, die der ganzen Sache erst den richtigen Schliff gaben, jedoch gerann das Wasser-Milch-Gemisch nach drei Tagen und die Tinte dürfte wohl ihren Teil zu dem Geruch beigetragen haben.

Somit musste der Brunnen zum ersten Mal gespült und desinfiziert werden und eben bei der Reinigung fiel mir dann auf, dass Schaum ja auch einen schönen Effekt erzeugen könnte. Also Wasser in den Brunnen und ein paar Tropfen Spülmittel beigemischt. Durch die Zirkulation war der Schäumprozess im Gange und es bot sich mir ein herrliches Bild. Jedoch kam ich nach etwa einer halben Stunde in ein Zimmer wie man es momentan nur im südlichen Teil der USA findet, da mittlerweile so viel Schaum entstanden war, dass dieser das Becken des Brunnens überflutet und mein Zimmer unter Wasser gestellt hatte, denn Schaum am Boden wird wieder zu Wasser – eine physikalische Neuentdeckung, die ich nebenbei machte und über die ich gerade eine nobelpreiverdächtige Studie schreibe.

Wenn man Ärger mit der Physik bekommt, dann hilft man sich halt mit der Chemie weiter, so oder ähnlich wird es wohl eine Bauernregel geben. Deshalb machte ich ein kurzes Brainstorming: Seifenlösung ist eine Lauge und somit basisch, wenn sie also jetzt etwas zu heftig reagiert, muss man sie neutralisieren, indem man Säure dazu gibt. Ergo ging ich zum Kühlschrank und entnahm ihm Zitronensaft, der direkt neben dem Balsamico-Essig zum Entkalken steht. Nach Zugabe von einigen Tropfen in den schäumenden Brunnen tat sich nichts und er schäumte lustig weiter.

Also hieß es dann ein zweites Mal, Brunnen putzen und nach mehreren Durchgängen war dann auch ein schaumfreier Brunnen entstanden. Man mag es nicht glauben, aber der Brunnen wurde nun mit ganz normalem Wasser betrieben. Keine Effekte, keine Farbe, kein Schaum, kein Chaos.

Leider stellte sich nach einem längeren Zeitabschnitt ein neues Problem ein, denn nach mehreren Wochen wurde zunehmend klarer, dass er wirklich die Lebensenergien anregte. Allerdings auch die der Algen auf seiner selbst. Das brachte mich dann auf die fast schon geniale Idee – ja, andere haben diese sofort – es einmal mit destilliertem Wasser zu versuchen. Deshalb nimmt man dann die Zahnbürste des Ex, die ja seit der rückwertsgerichteten Duschenergieräumaktion verlassen im Bad steht und schrubbt erst einmal die Algen runter um dann in den nun sauberen Brunnen das keimfreie Wasser einlaufen zu lassen.

Jetzt war es ruhig um den Brunnen und ich musste ihn nur alle paar Tage nachfüllen, da ja immer mal wieder etwas Wasser durch die Wärme verdampft. Jedoch ist ein 5-Liter Kanister destilierten Wassers auch einmal leer und man müsste sich dann einen neuen kaufen und wie das nun einmal so ist, hat man just an dem Tag, an dem man es braucht keine Zeit, Lust oder eben kein Geld aufgrund des eingegangenen Geldbaumes, um sich neues zu kaufen und somit steht mein Zierbrunnen nun auf meiner Fensterbank, der die Wohnung zwar ziert, allerdings nicht mehr brunnt.

Heute fühle ich mich rundum wohl und der von Feng Shui versprochene Effekt, dass man endlich keinen Stress mehr hat, hat sich eingestellt. Denn seitdem ich aufgehört habe, die Wohnung zu verändern, liegen auch die Nerven nicht mehr blank, was aber auch an der Tatsache liegen kann, dass ich immer brav den Toilettendeckel schließe, damit das Chi nicht flöten geht.



P.S.: Ein anderes Mal erkläre ich dann, wie sich ein Spülberg positiv auf die Gesundheit auswirkt, was allerdings wenigere mit chinesischer Einrichtungskunst zu tun hat als mit der Tatsache, dass sich keine Bakterien mehr ins Schlafzimmer verirren, wenn in der Küche das wahre Paradies auf sie wartet.