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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Donnerstag, Juni 29, 2006

Verfrühter Nachruf auf einen kommenden Abschied

Mit Bedauern und tiefer Bestürzung musste ich heute erfahren, dass ein der größten deplatzierten Moderatorinen das Mikrophon nun abgibt und das Karteikärtchen schmeißt, an dem sie sich (zu) lange genug festgehalten hat und das mit aller Kraft selbst dann, wenn die Situation es anders erfordert hat.

Aber die wohl beeindruckendste Polittalkmanipulatorin verlässt den Bildschirm und wird somit nicht mehr in der Lage sein, Diskussionen mit präziser Genauigkeit genau da zu unterbrechen, wo es spannend wird. Nie wieder werden wir erleben wie sie mit hohem taktischen Geschick (jedoch ohne Takt, dafür mit mehr „ich“) ihre Gäste zurück auf ihren Punkt bringt selbst wenn dieser auf der Rückseite der Themenpallette liegt.

Aber nur sie besaß die Genialität solche kommunikativen Seitensprünge zu vollziehen (für Sprünge anderer Art waren ihr nahestehende Personen mit höherem Bal(t)zverhalten zuständig), dass keiner nach ihrem Zwischenhaken mehr wußte, auf welchen Punkt der Vorredner eigentlich hinargumentieren wollte und sie sich somit das passende Gesprächslogikvakuum geschaffen hatte um darin dann das auf ihrem Kärtchen lauernde Stichwort punktgenau zu platzieren.

Mit beachtlichem Fleiß unterband sie die Diskursdynamik durch Fallen, in die sie die Teilnehmer geschickt hineinmanövrierte, so dass diese zwangsläufig mit dem Rücken an der Wand das Wort an einen Mitstreiter abgeben mussten und mit Fragen wie denn ein so unangebrachtes Überleiten überhaupt möglich sei zurückblieben.

Nur sehr wenige ihrer hochkarätigsten Gäste waren in der Lage ihr in diesem Punkte das Wasser zu reichen und selten kam einer gegen ihre regelnde Hand an, die immer wieder zeigte, wer die Fäden bzw. das Stichwortkärtchen in der Hand hält.

Diejenigen die behaupten, der Gehalt ihrer Sendung sei abhängig von der Qualität ihrer Gästeliste, der irrt gewaltig. Denn sie war und ist die unangefochtene Königin des kommunikationstheoretischen Entertainments, da sie es immer wieder schaffte selbst gängiste Theoreme der Gesprächsführung durch ihre Windungen und Brüche ad absurdum zu führen und somit Diskurstheoreme aus den Angeln zu heben.

Doch sie hat sich entschlossen, das nationale Puppentheater der Politik zu verlassen und sich nun auf internationalem Terrain zu beweisen. Sie will Grenzen überwinden um mit ihrem erbitterten Ehrgeiz Gesprächen selbige zu setzen. Und ich bin sicher, dass sie gerade in höheren politischen Ebenen der anglo-amerikanischen Welt auf Menschen stoßen, deren politische Konzeption mit ihrer konversationellen kompatibel und abbildungsadäquat ist, da ihr die gleichen logischen Axiome zugrunde liegen.

Wir werden das ABS (absolute Blockiersystem) des öffentlich-rechtlichen Polittalks sehr vermissen und wollen hier noch einmal eines für die Nachwelt festhalten:

Sabine Christiansen hat sich stets bemüht.