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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Dienstag, Juni 27, 2006

Mein Herz schlägt… ähm ja

„Rechts ist da, wo der Daumen links ist.“ Einer der bescheuertsten Sätze der menschlichen Zivilisation, der immer wieder meinen Lebensweg kreuzt, zu meiner Blamage und anderer Erheiterung. In 24 Lebensjahren war es mir bisher nämlich leider nie vergönnt, links und rechts ad hoc unterscheiden zu können. Obwohl das nicht ganz stimmt, denn während meiner Fahrschulzeit war es doch irgendwie drin, was ich auf eine kurze Phase anhaltender göttlicher Eingebung zurück führe.

Denn normalerweise kann ich es nicht, was vielleicht auch daran liegt, dass ich seit dem Test in dem Buch „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ weiß, dass ich eher weibliche Gehirnstrukturen habe, weshalb ich eben auch nicht einparken kann, im Gegenzug jedoch multitasking-fähig bin und auch immer ein offenes Ohr für meine Mitmenschen habe und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehe.

Wobei wir auch schon mitten im Problemkern stecken, denn Fremde freuen sich immer wieder, wenn sie jemanden finden, der ihnen den Weg zu erklären bereit ist, können sich jedoch ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn sie dann zur antwort bekommen: „Ganz einfach. Sie fahren die Straße runter, bis zur Ampel und dann biegen sie… (wildes Gestikulieren mit der Hand der richtigen Seite)… ähm… biegen sie… l… äh… r… (weitere Gesten und Verrenkungen)… Wie heißt die Seite denn noch mal?“ „Links!“ „Danke. …links ab.“ Mag zwar pädagogisch sinnvoll sein, da das Gegenüber dann das Gefühl hat, es hätte zur Lösungsfindung aktiv beigetragen, nutzt jedoch bei der Wegbeschreibung nichts.

Natürlich leide ich nicht alleine an diesem Problem, was mich immer wieder mit Leuten in Kontakt brachte, die sich Eselsbrücken der verschiedensten Art gebaut haben. Doch leider fällt mir in den jeweiligen Momenten zwar immer ein, wo ich meine Uhr trage, jedoch nur in Verbindung der Seite nicht des Wortes, so dass ich dann wieder nicht auf „links“ komme. Auch der Trick, dass man sich eine Narbe an der Hand aussucht, an deren Existenz man in einem solchen Moment denkt, hilft mir nicht weiter, da in genau dem Moment ich selbst die Seite nicht mehr weiß und erst einmal meine Hände inspizieren müsste, um erst einmal die gesuchte Narbe zu finden. Ebenso weiß ich auch ad hoc nie, dass ich ja rechts schreibe, da ich ja RECHTShänder bin und selbst mein Herz lässt mich im Stich, da dies ja sowieso nicht wirklich links liegt sondern eher mittig, wobei selbst wenn, es mir ja doch nicht einfiele.

Jetzt ist es ja auch nicht so, dass ich es gar nicht wüßte. Mir fällt es ja auch dann einige Sekunden später ein, leider jedoch nur sehr knapp oder aber zu spät, was gerade beim Autofahren manchmal zu Verwirrungen und seltsam abrupter Fahrweise führt. Da ich ja noch überlege, wenn es heißt: „hier müssen wir links“, wo dieses ominöse links denn nun ist, fahre ich also erst mal weiter gerade aus, um mir alle Möglichkeiten offen zu halten und dann, sobald mir wieder klar ist, wo denn „links“ nun ist, das Lenkrad einzuschlagen.

Mit einer sehr lieben Freundin, die am gleichen Problem leidet, kam es einmal zu folgender Situation: Ich fuhr, sie als Beifahrerin jedoch kannte den Weg und nachdem es einige Zeit gut gegangen war, da ich den Weg auch grob kannte und sie mir nicht immer sagen musste, wo es lang geht, kamen wir an eine Kreuzung und sie wies mich an: „Da vorne gleich rechts.“ Und was mache ich? Ich biege ganz lässig nach links um die Ecke. Doch genau in diesem Moment bemerkte ich meinen Fehler und legte eine ziemlich heftige Bremsung hin, woraufhin sie mich fragte, warum ich denn bremse und ich ihr erwiderte, dass ich ja nicht rechts sondern links gefahren sei. „Aber ich meinte doch auch links.“

Es war also durch einen gleichzeitigen Fehler beider Parteien im Endeffekt doch wieder richtig, was mir ganz neue Sichtweisen auf das mathematische Gesetz, dass minus mit minus multipliziert wieder plus ergibt, eröffnete. Jedoch konnten wir ja nicht davon ausgehen, dass wir immer in dieser glücklichen Situation sind, dass wir beide entweder gleichzeitig richtig oder gleichzeitig falsch liegen, weshalb wir unser ganz eigenes System entwickelten, welches ich seither immer wieder anwende und das sich auch gut zur Integration in ein modernes Navigationssystem eignen würde (vielleicht als optionale Alternativansage für Frauen). Viele meiner Freunde kennen dieses absolut bahnbrechende Errungenschaft schon und wundern sich nicht mehr über meine doch recht seltsamen Ansagen als Beifahrer.

Denn es umschifft das Ganze rechts-links-Problem durch die Einführung einer neuen, einfacheren Nomenklatur der beiden Richtungen. Denn visuell ist es ja klar, welche Seite man meint. Ich winke ja auch immer mit der richtigen Hand, wenn ich die Richtung erwähne. Da ich mich mit Buchhaltung nicht auskenne, ist die Änderung von rechts und links in Soll und Haben, die einmal von einer Frau vorgenommen wurde, deren Mann, seines Zeichens Buchhalter von Beruf, am selben Problem litt, obwohl ihm klar war, was auf welcher Seite seiner Abrechnungen steht, nicht gerade sinnvoll.

Also hier nun das System für welches mir Frauen zu Füßen liegen werden, wo ich sie aufgrund meiner sexuellen Orientierung auch liegen lassen werde:

Man ersetze als Beifahrer einfach links durch „Du“ und rechts durch „Ich“ und schon kann nichts mehr schiefgehen. Der Fahrer weiß sofort, wenn es heißt: „Nächste Kreuzung Ich, danach die zweite Du“, dass er nun erst links ergo Fahrerseite ergo Backbord und danach dann rechts ergo Beifahrerseite ergo Steuerbord fahren muss.

Und nun kommt’s und jetzt zeigt sich endgültig, dass dieses System an Genialität der Erfindung des Rads in nichts nachsteht: Das System ist international und man muss es nicht einmal ändern, wenn man sich beispielsweise in England aufhält und das obwohl dort ja Fahrer und Beifahrer vertauscht sind!

P.S.: Dieser Beitrag ist meine lieben Freundin Nina gewidmet, mit der ich dieses System einst entwickelte und die mich gerade am letzten Wochenende daran erinnerte, dass ich ja schon lage nichts mehr geschrieben hätte und das gerade jetzt, wo sie doch Ablenkung von ihrer Examenshausarbeit dringen benötige. Liebe Nina, viel Spaß bei deiner Arbeit.