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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Mittwoch, März 22, 2006

Völker hört die Signale


Die Nachrichtensendung des heutigen Tages hat mich sehr nachdenklich gestimmt: Revolten in Frankreich, Aufstände in Weißrussland, Streiks in Deutschland – überall lehnen sich die Bürger gegen die Regierungen und Machteigentümer auf.

Ein Phänomen, welches man immer rund um eine Jahundertwende beobachten kann: 1797 brach die Französische Revolution aus und läutete das 19. Jahrhundert ein, zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es die Revolutionen in Russland und Deutschland, die den folgenden Jahren ihr historisches Gesicht geben sollten. Und nun stecken wir mitten in einem erneuten Umbruch, auch wenn dies immer wieder verschleiert und herunter gespielt wird, doch eigentlich kann man sagen, dass seit dem Fall der Mauer 1989 und dem anschließenden Zerfall des russischen Reiches und der politischen Umstrukturierung Europas im Zuge der europäischen Union wieder einmal mehr ein „Gespenst in Europa umgeht“.

Doch wieder nimmt man diese Stimmen nicht ernst, verharrt in alten Strukturen und denkt, das Ganze lasse sich mit kleinen Eingriffen hie und da beheben. Doch haben wir nicht in beiden vorangegangenen Fällen gesehen, dass eben gerade diese Ausgangssituationen Nährboden sind für politische Karrieren? Hat nicht eine Französische Revolution einem Napoleon den Weg bereitet? Wäre Hitler an die Macht gekommen, hätte er nicht die Lösung der sozialen Probleme versprochen? Wenn ja, was darf man dann in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten erwarten? Und wie würde ein solcher Führer heute aussehen, ausgestattet mit der heutigen Technik? Ein erschreckender Gedanke.

Und wieder einmal liegt die Ursache des ganzen in der Verteilung der Güter. Das Brot des Volkes neigt sich dem Ende zu und vom Kuchen haben nur die Oberen Zehntausend was. Der einzige Unterschied ist der Besitzer, es ist nicht der Adel und auch nicht der reiche Nationalstaat mehr, der das Kapital sein eigen nennt, sondern dieses mal trifft es die Großkonzerne, die weltweit agieren und somit ganz neue Möglichkeiten des Zugewinns haben.

In dem Beitrag zu den Demonstrationen in Frankreich lief es mir eiskalt den Rücken herunter, als die Demonstranten mit der erhobenen rechten Faust die Internationale sangen, denn dank der Globalisierung bekommt dieses Lied eine ganz neue Bedeutung und man merkt, dass es aktueller ist wie eh und je, denn in der heutigen Situation bedarf es schon internationaler Verknüpfungen der Umstürzler. Die Machthabenden agieren international und sind zunehmend bestrebt diese Internationalität auszubauen, da dort momentan noch ihr großer Vorteil liegt, denn der Bürger an sich ist noch weitestgehend lokal gebunden und denkt noch in nationalen Räumen.

Doch ist es verwunderlich, dass aktuell in mehreren Ländern gleichzeitig der Protest lauter wird? Natürlich in jeder Nation der eigenen Mentalität entsprechend. Es erklärt sich von selbst, dass der Franzose, dessen Nationalhymne mit einem aufbäumenden „allons“ beginnt anders seinem Ärger Luft verschafft als der Deutsche, der jahrelang mit „Einigkeit“ seinen Nationalstolz besang. Doch im Grunde sind beide getrieben von Unzufriedenheit und versuchen sich gegen die soziale Ungleichheit aufzulehnen, natürlich auf einem anderen Level wie anno dazumal, als man wirklich nichts mehr zu essen hatte, jedoch müsste ein jeder seine noch offenstehenden Kredite am heutigen Tage tilgen, so sähe es auch im Jahre 2006 nicht besser aus als damals. Somit hat die Tatsache, dass heute alles nur noch auf Zahlen reduziert ist, endlich einmal einen positiven Effekt.

Doch wohin führt uns dies? Wenn nicht schnellstmöglich Lösungen gefunden werden, so wird einer kommen, der welche anbietet und ganz schnell den Rückhalt der Bevölkerung für sich gewinnen können und erfahrungsgemäß ist dieser dann nicht an einer friedlichen Lösung interessiert. Wie diese dann aussehen könnte, wage ich mir gar nicht vorzustellen, in einer Welt, in der ganz neue Großmächte auf dem Weg nach oben sind und man sich auch mit nicht nationalen Gruppierungen das Weltparkett teilt. Egal wie es ausgeht, es wird nicht nur „old Europe“ betreffen, daher sollten die Völker nun wirklich die Signale hören und sie dieses Mal auch rechtzeitig wahrnehmen und versuchen frühzeitig zu handeln um größeren Schaden zu vermeiden.