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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Samstag, Dezember 10, 2005

God s(h)ave the United States

25 Jahre nach der Ermordung John Lennons fliegt die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice firedfertig wie eh und je durch Europa und kümmert sich einen Kericht um die Vorwürfe, die ihr bezüglich der Folterung durch die CIA von sämtlichen Staatsmännern gemacht werden. So etwas hat es doch nie gegeben und außerdem ist es ab jetzt sowieso verboten.

Da bekommen doch die Blumen auf dem Strawberry Field einen erschreckend aktuellen Bezug und mir sträuben sich die Nackenhaare, dass es möglich ist, dass genau das Land, welches die älteste und erste der modernen Demokratien darstellt und selbige offiziell auch in aller Welt verteidigen und etablieren möchte gegen grundlegende Fundamente der Persönlichkeits- und Menschenrechte verstößt.

In solchen Momenten fragt man sich doch: Wo ist Lee Harvey Oswald, wenn man ihn braucht?

Ich bin beim besten Willen nicht anti-amerikanisch eingestellt, jedoch hat unsere liebe, selbst ernannte Weltpolizei ein großes Manko. Dieser Staat versteht sich nicht als primus inter pares sondern erhebt sich über alle anderen und maßt sich an, die eigens erkämpften Rechte nicht einhalten zu müssen. Ein Problem, welches sich durch die ganze Geschichte dieser Nation zieht.

In gewisser Hinsicht muss man es ihnen verzeihen, denn woher sollen sie es auch anders kennen? Die USA sind ein Konglomerat geflüchteter Europäer, die sich noch zu Zeiten des Absolutismus verselbstständigt haben. Demnach verwundert es auch nicht, wenn sie von der europäischen Aufklärung nicht allzu viel mitbekommen haben und immer noch denken, Sätze wie „L’etat c’est moi“ haben Gültigkeit.

Im Einmischen jedoch sind sie gut, allerdings nur so lange wie keine Konsequenzen daraus entstehen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist schon am Anfang des letzten Jahrhunderts zu finden, nachdem man im Westen endlich einmal bemerkt hatte, dass man ja doch nicht alleine auf der Welt ist und es auch noch ein „good old Europe“ gibt, dem man entspringt. Nach der Kapitulation Deutschlands im ersten Weltkrieg kommt Woodrow Wilson – in einer damaligen Karikatur herrlich dargestellt – mit Koffer und Siebenmeilenstiefeln über den Atlantik gestiefelt und stellt ein 14-Punkte-Programm auf, welches unter anderem die Gründung eines Völkerbundes zur Sicherung des internationalen Friedens vorsah. Und was macht die USA? Sie tritt selbigem nicht bei, da man sich dafür dann doch zu fein ist. Somit wird dieser Vorläufer der Vereinten Nationen machtlos und ihm wird der entscheidende Unterschied zwischen gut gemacht und gut gemeint zum Verhängnis. Vielleicht hätte man mit einem starken Völkerbund seinerzeit das Schlimmste, was ja dann auch eintrat verhindern oder zumindest einschränken können.

Ebenso verarztet Amerika seine Patienten, die in Form diverser Krisennationen ihrer Hilfe zu bedürfen scheinen, getreu dem Motto: Ein cleverer Arzt lässt seine Patienten immer ein bisschen krank. Verwundert es da, dass man sich zwar gerne mit Umweltschutzprojekten brüstet, jedoch Kioto nicht unterzeichnet?

Selbst das amerikanische Trauma Vietnam wird nicht wie beispielsweise in Deutschland der Holocaust über etliche Generationen diskutiert und man fühlt sich auch nicht sonderlich schuldig, zumindest nicht mehr als notwendig, also gerade so viel Schuld wie der gute Ton verlangt. Der Rest wird dann schnell in einer kurzen Floskel zusammen gefasst. So Ex-Verteidigungsminister McNamara in seinem Buch „The Tragedy and Lessons of Vietnam“: „We were wrong, terribly wrong. We owe it to future generations to explain why.”

Ach so, man lag also falsch. Zumindest schon einmal ein Anfang. Und nun will man zukünftigen Generationen dies erklären. Doch wie macht man so was am besten? Hmmm, am einfachsten lernen Menschen doch, wenn man es ihnen darstellt oder besser noch direkt nachstellt. Jedoch nicht in der klassischen Aufmachung a la Harald Schmidt, der uns die griechische Mythologie mit Playmobil erklärte. Nein, das würde doch einem Staat, in dem selbst die mittelmäßigste Romanvorlage zu einem Blockbuster der Superlative aufgebauscht wird, nicht gerecht. Da muss dann schon was mit richtig Action und vielen Effekten her, weshalb man sich dann dafür entschieden hat, das Ganze immer und immer zu wiederholen. Jedes Mal in einem neuen Gewand und etwas modifiziert, jedoch wird man dies so lange fortführen, bis selbst der Letzte mitbekommen hat worum es geht.

Und wenn es dann mal wirklich keinen Grund gibt zu kämpfen – an dieser Stelle sei noch einmal betont, dass das Vorkommen von Öl kein Grund für die USA ist – so fällt einem doch bestimmt noch eine schöne Forderung ein, bei deren Nichtbeachtung man dann sagen kann: „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“

Irgendwie muss man ja die eigene Wirtschaft schließlich ans Laufen bringen. Und ebenso wie die Deutschen in ihrem dunklen Kapitel den Markt mit hohen Produktionen der Lack- und Farbenfirmen oben halten konnten, so verhökert der Ami halt die eigenen Waffen an den Feind, damit man gemeinsam gegeneinander in den Krieg ziehen kann. Und letztendlich stirbt dann jeder GI im friendly fire, da es ja die eigenen Waffen sind.

Aber solange die Wirtschaft boomt, kann man diesen überschaubaren collateral damage ja verkraften. Hauptsache die Ader an der Wall Street pulsiert und der American Way of Death… pardon… of Life ist gesichert.

Da man ja auch die ganze Weltwirtschaft in seine Abhängigkeit gezogen hat, kann einem somit gar nichts mehr passieren. Aber wirklich gar nichts mehr. Egal was wir tun, es wird immer wieder Staaten geben, die mit uns ins gleiche Horn blasen und solange sich Europa nicht einig ist, hat man seit Beendigung des kalten Krieges sowieso keinen ernst zu nehmenden Gegenpart mehr. „Big Brother is watching you“, heißt es und die ganze Welt hält den Atem an, wenn ein amerikanischer Präsident mal wieder schlechte Laune hat.

Das bringt mich auf eine Idee: Man könnte sie doch einfach einmal, so lange bis die USA Kioto unterschreibt und einen unabhängigen internationalen Gerichtshof und andere völkerrechtliche und Welt umfassende Reglements akzeptiert, mit einem Handelsembargo belegen. Macht man ja gerne mal mit Staaten um sie zur Raison zu bringen. Allerdings hat man ja beim Irak-Krieg gesehen wie groß der Zusammenhalt war und so dürfte man auch bei einem solchen Vorgehen davon ausgehen, dass es gewisse Staaten gibt, die sich nicht an die Regeln halten.

Da kann man nur hoffen, dass auch im gesamteuropäischen Kontext endlich zusammenwächst, was zusammen gehört und man dann vielleicht eines Tages zwei gleich starke Brüder hat, die ein wenig aufeinander acht geben und Lennons große Vision doch eines Tages wahr wird:

Imagine there's no countries,
it isn't hard to do,
nothing to kill or die for,
and no religion too.
Imagine all the people,
living life in peace.