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Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Samstag, Oktober 15, 2005

Der Herbst ist da...

…und somit auch der zweite Frühling im Jahr, denn nun beginnt man sich wieder allerorts daran zu erinnern, wie kalt es doch werden wird im Winter. Die Tage werden kürzer ergo die Nächte auch länger und da die Nacht ja nicht allein zum Schlafen da ist, wie ein bekannter Song uns suggeriert, steht man nun beim Herbstspaziergang auf weiter Flur inmitten brauner Blätter und fühlt sich alleine, ebenso wie die alte Trauereiche auf der kleinen Bergkuppe in weiter Ferne.

Man gedenkt der vergangenen Winter in denen man sich entweder allein und mit Phantomschmerz durch die Adventszeit konsumierte, rauschhaft durch überfüllte Einkaufsstraßen hastete und nur Körperkontakt mit wildfremden Menschen im Gedränge hatte oder aber der Winter zu zweit, mit geteilten Decken, langen Filmeabenden, gemeinsamen Adventskalendern und einem Weihnachtsfest in den Armen des Liebsten mit Glockenklang und Puderschnee.

Viele machen sich zur Zeit Gedanken darüber, wie sie in den nächsten Monaten ihr Leben bestreiten wollen, ob alleine oder an der Seite eines anderen. Der Sommer ist vorbei und mit ihm die Zeiten der sommerlichen Aktivitäten wie Grillparties, schwimmen mit Freunden, Outdoor-Cruising, Inlinern und nicht zu vergessen den Musikfestivals und dem CSD. Der Sommer, der in gewisserweise öffentliches Leben symbolisiert kehrt sich nun langsam um in eine Zeit des Privaten und Familiären. Man richtet sich seinen Bau ein und macht es sich gemütlich, gedenkt derer, die man verloren hat und verliert sich in romantischen Gedanken bei Kerzenschein und Spekulatius.

Nun kommt die Zeit des Nachdenkens, der gedanklichen Reisen, der Stille und der Einkehr und man lenkt den Fokus seiner Betrachtungen weg von der Welt und hin zu sich selbst. Doch dann beginnt das Drama und es stellen sich die immer wiederkehrenden Fragen: Kann ich mich auf einen anderen Menschen einlassen? Bin ich wirklich glücklich alleine? Bin ich überhaupt beziehungsfähig? Verliere ich nicht meine Freiheit? Entstehen dadurch nicht nur Probleme? Sehne ich mich nicht danach? Was wünsche ich mir eigentlich zu Weihnachten?

Man zermürbt sich die Gehirnwindungen und träumt, trauert, atmet durch und ist am Schluss noch immer so klug als wie zuvor. Man erinnert sich an gute als auch an böse Tage in der Vergangenheit, sowohl als Single als auch in einer Beziehung. Man denkt an Streit und Trennung, bei der die Tassen flogen genauso wie an einsame Abende, an denen man sich nach einer Schulter sehnte. Man ist hin und her gerissen: Einerseits die Freiheit, das Nichts-Sagen-Lassen, die Individualität, der Spaß um seiner selbst Willen, andererseits Geborgenheit, Schutz, Zuneigung und das Gefühl nicht alleine zu sein.

Ängste, Hoffnungen, Wünsche, Beklemmung, Sehnsucht, Trauer, Ungewissheit und all die anderen großen Empfindungen werfen einen wie Wellen im Sturm auf hoher See umher und rauben einem die Orientierung Man sucht Rat, packt Karten aus, liest Informatives und sucht überall den rettenden Ausweg. Doch nicht nur die Seeleute wussten in diesem Punkte schon immer, was zu tun sei. Auch die heiligen Könige folgten dem ihnen gezeigten Weg. Die Antwort, mein Freund, steht nicht im Wind geschrieben, sondern in den Sternen.

Die Sterne – eine der beiden Unendlichen Dinge Kants neben „dem moralischen Gesetz in mir“. Ein Gegensatzpaar also, ein Spiegel, zwei Seiten derselben Medaille. Was bedeutet dies jedoch dann für mich, wenn doch meine Antwort, mein Weg, meine Lösung in den Sternen liegt und mein Innerstes von diesen gespiegelt wird? Es hieße ja, dass…

Aber kann dies sein? Liegt die Antwort in mir? Wenn dem so ist, wie komme ich an sie ran? Wo muss ich sie suchen? Oder habe ich sie nicht sogar schon gefunden? Sehe ich sie vielleicht einfach nicht, weil ich mich viel zu sehr auf Äußerlichkeiten konzentriere? Oder ist sie doch so tief verborgen, dass ich sie nicht sehen kann?

Fragen über Fragen und alle deuten wie die begeistert tobende Masse als auch die Reihe der Kläger alle mit ihren Fingern auf einen einzigen Punkt: Auf mich. Also gehe ich hinaus und schaue in den Spiegel. Ich betrachte die Ewigkeit des Gestirns und werde so vielleicht in der Unendlichkeit aufgehen und den Weg in mein Herz finden.

Und wenn dies absolut nicht klappen sollte und ich gar nicht mehr weiter weiß, so muss ich dann wohl doch zurück in die Bücherei, wo ich kürzlich in der Hauptman-Lind-Ecke diesen Ratgeber von Eva Maria Zurhorst habe liegen sehen, der da lautet: Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest.