Mein Foto
Name:
Standort: Berlin, Germany

Benjamin Merkler, geboren 1982, lebte 2002 bis 2007 in Köln, wo er Germanistik, Anglistik und Philosophie auf Magister studierte. Von 2007 bis 2009 studierte er an der Universität Heidelberg Anglistik, Philosophie und öffentliches Recht. Seit 2010 lebt er in Berlin und hat seine Promotion an der Technischen Universität Tallinn begonnen. Neben seinem Studium war er als Forschungsassistent sowie in einer PR/Marketing-Agentur tätig, schrieb gelegentlich Artikel und übersetzte. Zuvor war er schon in der Softwareentwicklung, in Marketing, Vertrieb und in der Gastronomie tätig. Privat trat er in seiner kölner Zeit ab und zu als Cressida Treulos (Travestie mit Livegesang) auf und stand im Bereich Kleinkunst und Comedy auf der Bühne. Überdies war er Protagonist in einem Dokumentarfilm.

Montag, Juni 28, 2010

Der Tag der Glorie ist gekommen…

Was ist der Unterschied zwischen dem Brandenburger Tor und dem Wembley-Tor? – Bei Letzterem hat es vier Jahre länger gedauert, bis wir es zurück bekamen.

Das gestrige Spiel wurde ja schon im Vorfeld, ob der beiden aufeinander treffenden Mannschaften ein erwartungsschwangeres Highlight, doch dass es so ein tolles Spiel würde, hätte wohl kaum einer gedacht – zumal nicht nach den doch eher mittelmäßigen Leistungen unserer Nationalelf in den Vorrundenspielen. Nach dem dritten Gruppenspiel hatte ich bereits angeregt, die ehemalige DDR-Hymne wieder einzuführen, da „Auferstanden aus Ruinen“ mir in diesem Moment passender schien – nicht dass diese nicht sowieso die melodisch und textlich schönere sei. Wobei wir schon mitten im Thema des heutigen Beitrags sind: Nationalhymnen.

Gestern, als die Unsrige erklang und alles aufstand, wurde mir gesagt, dass ich wohl eine sehr staatstragende Körperhaltung einnehme, sobald die Hymne erklingt. Dabei finde ich selber, dass ich ihr nur mit dem ihr angemessenen Respekt entgegentrete, wobei ich natürlich nicht verhehlen möchte, dass es vielleicht auch ein bisschen daran liegt, dass mich in solchen Augenblicken auch die Melodie und die Situation ergreift. Dies ist zwar bei der deutschen Nationalhymne etwas ausgeprägter, jedoch generell so, wenn ich Hymnen höre. Diese oftmals Wagner‘sche Durchschlagkraft der Melodien und Instrumentationen verfehlt ihre Wirkung ganz und gar nicht.

Da man ja gemeinhin von den Hymnen anderer Nationen wenig weiß (mit Ausnahme einer weniger), habe ich mir letzte Woche einfach mal die Arbeit gemacht, mir die Hymnen der 16 noch im Turnier verbliebenen Mannschaften anzuschauen und kam dabei auf die Idee, dass man doch einmal den Versuch einer „internationalen Nationalhymne“ machen könne, in dem man aus jeder der 16 Hymnen, einen Teil extrahiert und diese Teile neu zusammensetzt.

Dies klingt im ersten Moment recht simpel, jedoch stellt man schnell fest, dass aufgrund der thematischen Unterschiedlichkeit hinsichtlich des Hymnencharakters, diese sich doch sehr unterscheiden. So bezieht sich die Hymne der Schweiz ganz friedlich fast ausschließlich auf Gott und die Schönheit der Schweiz, viele südamerikanische Hymnen erinnern an Befreiungskämpfe und die englische legt den Fokus ganz auf die Königin – und inmitten dieses Konglomerats von Themenfeldern zeichnet sich der „Titus Andronicus der Nationalhymnen“ – sprich die amerikanische – durch eine sehr ausgeprägte Blutrünstigkeit aus. Aufgrund dieser Tatsache, musste ich auch leichte Eingriffe in den Text vornehmen und die Textpassagen etwas anpassen, jedoch meist nur in Fällen, wo das Land oder ein Herrscher Erwähnung fand; einige Zeilen sind zudem Strophen entnommen, die zwar offizielle Strophen der jeweiligen Hymne sind, jedoch zum Teil nicht bei offiziellen Anlässen gesungen werden – oder wenn nur selten. Somit zeigt sich nun auch, dass der Titel dieses Beitrags auch insofern verfehlt ist, als dass Frankreich nicht mehr im Turnier ist – aber er passte halt sehr gut zum gestrigen Ereignis.

Hier nun das Ergebnis – die „internationale Nationalhymne“ (* kennzeichnet den Wechsel zwischen zwei Nationalhymnen):

Über dem Lande blitzt es,
dröhnt des Donners Krachen,
doch der Stürme Wehen
wird gar bald vergehen.
Brüder, wir erwachen!*

Es bekränzt, Oh Vaterland, deine Stirn
mit den Olivenzweigen des Friedens
der göttliche Erzengel.*
Von Natur aus ein Gigant,
bist Du schön und stark,
unerschrockener Koloss;
und in Deiner Zukunft
spiegelt sich diese Größe*
über dem Land der Freien
und der Heimat der Tapferen.*

Deine Herrschaft soll dauern
tausend Generationen,
achttausend Generationen,
bis Stein zum Felsen wird
und Moos die Seiten bedeckt.*
Entweder wirst du den Freien zum Grab
oder Zuflucht gegen die Unterdrückung.*

Ob bei Tag oder bei Nacht oder mitten im Sturm,
in jeder Not, was immer der Ruf sein mag,
dir zu dienen jetzt und immerfort.*
Das ist, dass ich mag sterben
mit Ehren auf dem Feld,
ein ewig Reich erwerben
als ein getreuer Held.*
Mögen wir von Ruhm gekrönt leben
oder wir schwören ruhmreich zu sterben!*
Das ist die Wahl von der Seele vorgegeben
und wir sind Helden, wissen zu erfüllen! *

Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand.*
Die Strahlen dieser kraftvollen Dämmerung
sind wie die Küsse der Mutter,
die uns schützen und uns stützen
gegen die Ungerechtigkeiten des Schicksals.*
[Instrumentale Zeile]*
Wollen wir unser Land lieben
in der Not so wie in Zeiten des Glücks.*

Auf dass die Völker erkennen,
dass die Menschen Brüder sein sollen
und eine Familie sind auf der ganzen Welt,*
wo Einheit und Gleichheit regieren,
weder Unterdrücker noch Sklaven bestehen.*

P.S.: Wer Langeweile hat, kann gerne jetzt rätseln, welche Zeile welcher Hymne entnommen ist.

P.P.S.: Hier meine Antwort auf die Frage, ob Deutschland Weltmeister wird: Natürlich, denn da gestern „Siebenschläfertag“ war, wird unsere Mannschaft nun sieben Wochen lang ebenso erfolgreich spielen und somit die WM gewinnen. (Für unseren nächsten Gegner Argentinien, der ebenfalls gestern gewonnen hat, gilt dies nicht, da der Siebenschläfer in ihren Gefilden nicht beheimatet ist.)